Lesesaal   
Bekenntnisse zur Ökumene
und widerläufige Praktiken 

Der Papst und die römischen Behörden bekennen sich immer wieder zur Ökumene. Aber mancherlei Praxis in der römisch-katholischen Kirche läuft der Ökumene zuwider. Beispiele sind der wachsende römische Zentralismus, die Ausweitung des kirchlichen Lehramtes und neue Formen des Klerikalismus. Der Ökumene schadet, wenn die Marienfrömmigkeit das rechte Maß überschreitet. Die Wallfahrten zu Marienheiligtümern nahmen in den letzten Jahren sprunghaft zu.
1986 erschien die lateinische Ausgabe eines eigenen Missales mit sechsundvierzig Meßformularen zu Ehren Mariens sowie ein dazugehöriges Lektionar. Die deutsche Übersetzung wurde 1990 von Rom confirmiert. Die Meßtexte geben eine "Mariologie" wieder, die der heutigen Bibelauslegung nicht immer entsprechen. Römische Enuntiationen enden gewohnheitsmäßig mit einer "marianischen Klausel". Marienfrömmigkeit wird, oft unkritisch gesehen, bei Priestern und Laien zum Maßstab der persönlichen Frömmigkeit und der Kirchentreue genommen. Ich glaube, es wird manchmal jene Grenze überschritten, die Papst Paul VI. so vorsichtig ziehen wollte, als er schrieb: "Die katholische Kirche möchte einerseits die spezifische Eigenart der Marienverehrung nicht abschwächen, aber andererseits auch keine Übertreibungen zulassen, welche die anderen Brüder zu irrigen Auffassungen über die wahre Lehre der katholischen Kirche verleiten könnte."

Helmut Krätzl, Im Sprung gehemmt
Was mir nach dem Konzil noch alles fehlt
Mödling, 1999, S. 128f

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