Lesesaal   
Schädliche Folgen des Priestermangels

Die Folgen dieser Situation sind dramatisch:
  • immer mehr gläubige Gemeinden bleiben ohne sonntägliche Eucharistiefeier;
  • immer mehr Priester werden aus personbezogenen Seelsorgern zu organisationsbezogenen Pastoralmanagern;
  • immer mehr Laien rücken in presbyterale Aufgaben ein; dadurch entsteht eine neue Berufsgruppe der "ungeweihten Laienpriester" - wir wurden viele von diesen ja sofort weihen, wären sie ehelos;
  • damit verliert der Priesterberuf zusätzlich für die wenigen an Attraktivität, weil ja nunmehr verheiratete Ungeweihte weithin dasselbe tun wie Sie als ehelos Geweihte;
  • auch die pastoralen Laienberufe (wie übrigens auch der junge Diakonat) werden in einem solchen Sog auf das   priesterliche Tätigkeitsfeld beschädigt.

Paulus- und Korinthpriester

Bischof Fritz Lobinger und ich schlagen daher seit geraumer Zeit vor, zu erwägen, ob nicht neben den ehelosen "Pauluspriestern", welche vorrangig missionarisch-gemeindegründerisch tätig sind, aus den Gemeinden heraus Presbyterien von "Korinthpriestern" kommen sollten.
Pauluspriester wären dann jene, die zunächst eine innere Berufung spüren und dann in eine Gemeinde geschickt werden. Korinthpriester hingegen wären gemeindeerfahrene Personen, welche die Gemeinde erwählt und die dann prüfen, ob sie auch zum Amt Berufene sind. Eine solche Splittung des priesterlichen Amtes, die im übrigen sich ostkirchlichen Verhältnissen annähert, wäre zudem eine überraschende Antwort auf die von vielen aus liberalen Gründen vorgetragene Forderung, den Zölibat freizustellen. Es gäbe dann - jetzt aber aus pastoralen Erwägungen - tatsächlich eine Wahl: zunächst zwischen den beiden Formen des priesterlichen Amtes, dadurch aber indirekt auch über die Lebensform. Es wäre ein Ausweg.




Paul M. Zulehner:
Priesterliche Identität im  Wechsel der Zeit
Vielfalt der Priestertypen und ihre Gefährdungen
in: Anzeiger für die Seelsorge 5/2003, S, 15

 

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