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Kommunion aus dem Tabernakel

Vorkonziliares Element beim Papstbegräbnis

Nach altem kirchlichen Brauch wurde am 8. April 2005 auf dem Petersplatz in Rom das Requiem für den am 1. April verstorbenen Papst Johannes Paul II. gefeiert.
Für den ungeschulten Beobachter war es ein würdiger, feierlicher Gottesdienst.
Wenig liturgisches Feingefühl zeigten die vatikanischen Verantwortlichen jedoch in der Art, wie sie die Kommunionausteilung an die unzähligen Gläubigen auf dem Petersplatz geregelt hatten:
Während Karinal Ratzinger mit der Präfation das Eucharistische Hochgebet einleitete, zogen hinter dem Altar Priester und Diakone aus dem Dom auf den den Petersplatz und trugen Ziborien mit "vorkonsekrierten" Hostien in den Altarraum.
Nun ist sicherlich die liturgische "Logistik" für Gottesdienste mit derart vielen Gläubigen nicht mit der Vorbereitung der Meßfeier in einer Pfarrkirche zu vergleichen, aber die Verantwortlichen hätten durchaus auf Erfahrungen bei anderen Großgottesdiensten zurückgreifen können, bei denen auch die Hostien für die Laienkommunion in der selben Gottesdienstfeier konsekriert wurden. 
Schon der hl. Papst Pius X. hatte anfang des 20. Jahrhunderts darauf gedrängt, daß den Gläubigen die eucharistischen Gaben aus der jeweiligen Meßfeier gespendet wird. Das Zweite Vatikanische Konzil hat diese Regel bekräftigt.1
Wenn nun aber schon - aus welchen "praktischen" Erwägungen auch immer - von dieser nachdrücklichen Empfehlung abgewichen wurde und vorkonsekrierte eucharistische Gaben an die Gläubigen ausgeteilt werden sollten, dann war es zusätzlich im höchsten Maße unsensibel, diese am Altar vorbeitragen zu lassen, während dort das Hochgebet und näherhin der Einsetzungsbericht gesprochen wurde.
Dieses Beispiel zeigt, wie gering an den höchsten Stellen der Kirche das Gespür für liturgische Authentizität auch vierzig Jahre nach dem Konzil noch ist, und wie wenig die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils, die weit vor der Konzilszeit ihre Quellen hat, in Fleisch und Blut der kirchlichen Praxis übergegangen ist.


von Heribert Ester
08.04.2005



1
Mit Nachdruck wird jene vollkommenere Teilnahme an der Messe empfohlen, bei der die Gläubigen nach der Kommunion des Priesters aus derselben Opferfeier den Herrenleib entgegennehmen. (SSC 55)

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